16.10., Uluru-Alice Springs

Aufstehen um 0450. Finster sowieso, und ziemlich kalt auch. Ein Nescafe wegen der Wärme und zum Wachwerden. Leise mit dem Gepäck zum Wagen. Diesen ohne Motor aus der Parklücke rückwärts rausrollen lassen, damit das depperte Gepiepse nicht die ganze Nachbarschaft aus dem Bett wirft. Null Bremskraft ohne Motor und Verstärker. Öha! Handbremse  rettet die Situation kurz vorm Vorgarten. Jetzt aber los, es ist 0530, wir sind aus dem Hotel ausgecheckt und fahren am Ende einer Karawane Richtung Sunrise Viewing Place. Dort ist die Situation ein bisserl anders als am Vorabend, die meisten Leute 

Kata Tjuta vom Uluru aus

gehen einen Hügel rauf zum überdachten Platzerl. Ich hätte da oben keine Chance mehr für mein kleines Stativ und den Zeitrafferfilm, also gehen wir unten den Weg entlang, bis wir einen guten Platz finden. Und schon geht das gleiche Schauspiel in umgekehrter Reihenfolge los. Auch der Sonnenaufgang ist ergreifend, und die meisten Leute ergreifen die Flucht Richtung Bus oder Auto, sobald die Sonne grad ein bisserl draußen ist und der Stein rot leuchtet. Die Touris aus Österreich wundern sich und genießen den Augenblick in Stille und ohne Gewusel.

Kata Tjuta

Um ca. viertel acht, nach einer netten Plauderei mit einem englischen Ehepaar in Pension und fünf Monate in Australien mit dem Wohnmobil unterwegs, geht’s weiter zu den rund 40 km entfernten Felsformationen Kata Tjuta ("viele Köpfe") oder Olgas. Diese sind zwar ähnlich rot, aber geologisch grundverschieden vom Uluru. Während erstere aus einem Konglomerat aus Felssediment bestehen, einer Mischung aus Schotter, Kieselsteinen und Felsen (schaut aus der Nähe aus wie mit rotem Beton zusammengepappt), besteht letzterer aus Sandstein. Soviel zur Geologie. Optisch geben auch die Olgas viel her, ein schönes Zusammenspiel aus rotem Stein, blauem Himmel und
grüner Vegetation. Wir gehen zuerst ein bisserl ins Valley of the Winds hinein, wo uns eben diese die Fliegen halbwegs vom Leib halten. Da wir noch in der Zeit sind, fahren wir auch noch weiter in die Mala Gorge, dh. wir sehen uns auch diese an. Auch sehr beeindruckend, und da wie dort außer uns um die Zeit keiner da! Um viertel elf brechen wir auf, es liegen knapp 500 „k“ bis nach Alice Springs vor uns, und wir sind beide doch eher müde. Um kurz vor Mittag bleiben wir in Curtis Springs stehen, einer riesigen Cattle Station samt touristischer Infrastruktur wie Campingplatz, Bistro und Tankstelle. Angesichts des im Vergleich zum restlichen Northern Territory um rund 50c höheren Spritpreises von weit über 2 Dollar will ich nur 25 Liter draufleeren, um damit gut nach Alice zu kommen. Ein freundlicher junger Mann, der den
Anschein erweckt, nicht sonderlich hell zu sein, sperrt mir den Zapfhahn auf und drückt ihn mir in die Hand. End of service. Aber er fragt mich nach woher und wohin, ob wir Zeit haben und statt auf der öden Autobahn nicht lieber eine unsealed road nehmen wollen. Zeichnet mir das schön auf einem Zettel von der Größe einer halben Zigarettenschachtel auf, und als ich das nächste Mal auf die Zapfsäule schau, sind 45 Liter durchgeronnen. Don’t judge a book by its cover! 

Aber egal, wir haben Hunger, wollen endlich was Gscheites zwischen die Zähne bekommen und lassen uns im Schatten eines mit Gras gedeckten Daches nieder. Fläche darunter vielleicht 15 mal 15 Meter, und das war das Zuhause des Gründerehepaars der Farm AD 1952 oder so. Toughe Leute. Im ersten Jahr hats 5 cm geregnet, und sechs Menschen sind vorbeigekommen. Im Jahr
darauf waren’s immerhin schon neun… Unvorstellbar, aber die haben das recht gut hingekriegt, und bewirtschaften heute eine Fläche von 40 mal 100 km mit Rindern. Diese laufen, wie alles andere Getier hier, frei in der Gegend herum. Früher hat man sie mit Pferden zur „Musterung“ zusammengetrieben, dann mit Hubschraubern. Heute geht das viel effizienter und umweltschonender.


Leserfrage: Hat jemand eine Idee, wie das funktionieren könnte, die Viecher aus den Weiten der Steppe in die Enge der Gehege zu bekommen (von wo sie dann mit dem Road Train zum Schlachthof gebracht werden, aber das wissen sie ja nicht)? Googlen gilt nicht!

Wir fahren weiter nach Osten, bis zum Stuart Highway, der uns nach Norden bringen soll, sind’s noch ca. 150 km. Trotz Kaffee nach dem Lunch kann ich bald nimmer und lass Itte ans Steuer. Die das trotz Linksschaltens (die Hand tut bei Belastung noch immer weh) super hinkriegt. Ich schlaf gleich ein (was mich zum Beischläfer macht, aber das nur nebenbei) und wache erst kurz vor der Stuart-Autobahn wieder auf. An der Kreuzung steht das nächste Roadhouse samt Kaffee und Kuchen. Beim Wegfahren parkt sich grad ein Road Train bestehend aus Zugmaschine, Tankaufleger und zwei weiteren Tankanhängern ein. Ich halte vor ihm und stelle dem Fahrer, als er aus seiner
Kabine klettert, die Fragen, die mich schon die ganze Zeit bewegen: PS und Verbrauch. 600 und 59 Liter. Sein Gespann ist ein sogenanntes "triple", no na. Vierer-Trains haben wir ja schon gesehen, es gibt aber auch welche mit sechs Anhängern.Die dürfen dann aber nur 80 fahren, während er 100 fahren darf. Es folgt ein längeres Gespräch über dies und das, die Arbeitsbedingungen, die Kosten in Australien, die Fehler im Sozialsystem etc. Der gute Mann darf z.B. nicht alleine auf seinen Anhänger raufklettern (über die Leiter, wohlgemerkt). Da muss er sich einen Aufpasser von der Tankstelle holen, er könnte sich ja wehtun. „You‘re kidding“, sage ich. Aber ins Fahrerhaus darf er schon alleine rein? Ja klar, solange er die drei Schritte hinauf korrekt nach Anleitung setzt, die auf einem Pickerl neben dem Handlauf angebracht ist. Das ist tatsächlich ein Piktogramm, wann er welchen Fuß wohin setzen muss, und wie er sich wo mit der Hand anzuhalten hat. Unglaublich, ich hab leider vergessen, das zu fotografieren. Vielleicht frag ich den nächsten Trucker. Das passt zum Klagelied des Viehzüchters 
in Curtis Springs, der in seiner Infobroschüre schreibt, dass die Windräder, die das Wasser umweltfreundlich aus dem Boden holen, über kurz oder lang der Vergangenheit angehören werden, da es praktisch unmöglich ist, einen Angestellten für Wartungs- oder Reparaturarbeiten dort raufzuschicken. Australien scheint überadministriert zu sein, und das kostet auch, siehe Steuern auf Bier. Das Rohöl, das der Trucker aus dem Mereenie-Feld holt (an dem wir vor zwei Tagen vorbeigefahren sind), bringt er nach Adelaide, von wo aus es in die Philippinen verschifft, dort raffiniert und dann als Benzin wieder reimportiert wird. Überall das gleiche Lied, Erdäpfel von Deutschland nach Italien und wieder retour, Shrimps von D nach Marokko zum Schälen und wieder retour, und hier halt Öl. Drei Automobilfabriken haben in den letzten Jahren geschlossen, die Traditionsmarke Holden (praktisch ident mit Opel in D und Vauxhall in GB) lässt demnächst in Deutschland produzieren. Offenbar hat Rüsselsheim, denen es ja auch nicht so brüllend geht, ein gutes Angebot gemacht… Über die Piste, wo wir mit ca. 60 bis maximal 90 gefahren sind, fährt er übrigens mit 20 km/h. Muss ziemlich fad sein...

Die Weiterfahrt rauf nach Alice geht flott voran, das Ziel ist quasi in Sicht. Auf den 100 km, die Itte gefahren ist, sind ihr gezählte 12 Autos entgegengekommen. Auf den 200 von der Kreuzung bis kurz vor Alice sind es vielleicht 20, davon einige Road Trains. Nach insgesamt 600 Tageskilometern kommen wir hundemüde in unser Hotel, duschen uns den Staub runter und ab ins angeschlossene Restaurant. Das Känguru schmeckt gut wie immer, Itte genießt ihren griechischen Salat. Wir wanken rauf in unser Zimmer, fallen ins Bett und schlafen wie die Steine, Murmeltiere, Siebenschläfer.

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